24.06.2014

Schnelldiagnose-Test gegen multiresistente Bakterien


Multiresistente Bakterien stellen in der Medizin ein immer grösseres Problem dar. Prof. Patrice Nordmann und Dr. Laurent Poirel des Lehrstuhls für Mikrobiologie am Departement für Medizin der Universität Freiburg entwickelten in Zusammenarbeit mit dem Institut national de la santé et de la recherche médicale (INSERM) in Paris einen Schnelldiagnose-Test, der solche Multiresistenzen gegen Breitspektrumantibiotika erkennt und in der Lage ist, die Bakterienstämme des Acinetobacter baumannii, einem im klinischen Alltag besonders gefürchteten Krankheitserreger, innert zwei Stunden zu erkennen. Die breite Verwendung dieses Diagnosetests könnte nicht zuletzt zur besseren Kontrolle der Verbreitung bestimmter Antibiotikaresistenzen beitragen.



Antibiotikaresistenzen in Bakterien haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders dramatisch ist die Situation bei den gramnegativen Bakterien (Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii), etwa wenn es zu urinären, pulmonalen, septischen oder auch abdominellen Infektionen kommt, den 2014 am häufigsten beobachteten Infektionen beim Menschen. Gerade auch in diesen Bereichen zeichnen sich regelrechte Behandlungs-Sackgassen ab. Sogar Breitbandantibiotika, wie die Cephalosporine, oder Carbapeneme, Antibiotika der letzten Generation, sind machtlos gegenüber gewissen Bakterienstämmen. Alleine in Europa schätzt man die Todesfälle im Zusammenhang mit Antibiotikaresistenzen auf rund 25'000 Personen jährlich. Die rasante Entwicklung dieser Resistenzen gefährdet auch neue Methoden der Medizin des 21. Jahrhunderts, die besonders auf effiziente Antibiotikatherapien angewiesen sind, sowohl zur Prävention wie auch zur Kur, etwa nach Transplantationen, schweren operativen Eingriffen oder auch in der Reanimation.

Wertvoller Zeitgewinn dank Diagnose-Schnelltest

Hydrolisieren Bakterien Antibiotika, verhindern sie damit gewissermassen deren Wirkungsmöglichkeit. Genau dieses Phänomen bildete bereits die Basis für die zwei ersten Schnelldiagnose-Testverfahren, die von Patrice Nordmann und Laurent Poirel entwickelt wurden. Die beiden Wissenschaftler entdeckten in Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa das Vorkommen von β-Lactamasen mit erweitertem Wirkungsspektrum, welche die Breitband-Cephalosporine hydrolisieren, sowie Carbapenemasen, die Carbapeneme inaktivieren. Mit dem dritten Verfahren, dem neuen CarbAcineto NP-Test, sind die Forscher heute in der Lage, die Carbapenemasen-Aktivität von A. baumannii nachzuweisen, die systematisch mit einer Multiresistenz dieser Bakterienstämme gegen Antibiotika assoziiert ist (fig. 1).


Funktionsweise des CarbAcineto NP-Tests (Zum Vergrössern klicken).

Der Test basiert auf den Eigenschaften der Ansäuerung, welche bei der enzymatischen Hydrolyse des Carbapenems Imipenem ensteht, wenn dieses durch eine Carbapenemase gespalten wird. Das Milieu wird saurer und der pH-Indikator zeigt einen Farbumschlag von rot zu gelb. Der Nachweis dieser Carbapenemasen-Aktivität ist sowohl bei isolierten Bakterien wie auch (direkt) an jeglichen Infektionsorten möglich. Das Resultat des CarbAcineto NP-Tests liegt binnen zwei Stunden vor, während andere Diagnoseverfahren aktuell mindestens 24, in den meisten Fällen gar 72 Stunden benötigen. Die Empfindlichkeit wie auch die Genauigkeit dieses neuen Testverfahrens liegen bei nahezu 100 Prozent, was im Bereich von medizinischen Diagnosetests aussergewöhnlich hoch ist.

Die Entwicklung des CarbAcineto NP-Tests stellt einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen das Aufkommen von Antibiotikaresistenzen dar. Der Test ist sowohl einfach wie auch wenig kostenaufwändig und er hemmt durch das Nachweisen von multirestistenten Bakterienstämmen deren Ausbreiten bis hin zur Entwicklung von infektiösen Epidemien in Spitälern, wie beispielsweise in der Reanimationsmedizin. Nicht zuletzt ermöglicht der Test eine gezielte Auswahl unter den wenigen verfügbaren Therapien für Patienten mit solchen Infektionen.


Referenz:
Laurent Dortet, Laurent Poirel, Caroline Errera, Patrice Nordmann, „CarbAcineto NP test for rapid detection of carbapenemase producers“, Acinetobacter sp. J. Clin Microbiol, Mai 2014

Kontakt:
Patrice Nordmann, Lehrstuhl für Mikrobiologie, Departement für Medizin, Universität Freiburg, 026 300 95 81, patrice.nordmann@unifr.ch