Medizin05.02.2016
Brustkrebs: Neue Therapie dank "Nebenwirkungen"
Ein besseres Verständnis der Funktionsweise von Medikamenten gegen Brustkrebs öffnet neue Wege. Forschende des Departements für Medizin der Universität Freiburg, in Zusammenarbeit mit klinischen Onkologen und dem Zentrallabor des HFR, erkannten, dass ein bestimmtes Krebsmedikament nicht nur die Blutgefässe zerstört, die den Tumor nähren, sondern auch bestimmte weisse Blutzellen, die sogenannten Monozyten, welche ebenfalls zum Tumorwachstum beitragen.
Jede zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Der damit beginnende Kampf gegen die Krankheit stützt sich in den meisten Fällen auf chirurgische Eingriffe, die Radio- oder Chemotherapie oder auf gezielte medikamentöse Behandlungen. Letztere avisieren ganz gezielt Moleküle, die dem Krebs eigen sind, was ihre Wirkung sehr effizient und präzise macht. Ungleich schwieriger ist es, die Wirkung dieser Medikamente am Patienten zu verfolgen.
Unerwartete Wirkungen
Das Medikament Avastin® wurde so konzipiert, dass es die Bildung von Blutgefässe unterbindet, die den Krebstumor nähren. Um die Wirkung des Medikaments besser zu verstehen, verglich ein Team unter Prof. Curzio Rüegg und bestehend aus Sarah Cattin des Pathologielabors der Universität Freiburg, Dr. Gregor Fürstenberg des Tumorzentrums ZeTuP St. Gallen und Dr. Benoit Fellay des HFR Brustkrebspatientinnen, deren Metastasen im Rahmen einer Chemotherapie mit oder ohne Avastin® bekämpft wurden. Die Resultate zeigen, dass die Brustkrebspatientinnen verglichen mit gesunden Personen einen erhöhten Wert an bestimmten weissen Blutzellen, den sogenannten Monozyten, aufweisen, die dafür bekannt sind, das Tumorwachstum zu beschleunigen. Bei den mit Avastin® behandelten Patientinnen waren die Monozytenwerte und deren Aktivierungszustand tiefer, was deutlich macht, dass das Medikament sowohl die Anzahl an Monozyten reduziert wie auch deren Funktion unterbindet. Die Effekte von Avastin® am Patient gehen damit deutlich über die erzielte Wirkung auf die Blutgefässe hinaus. Diese Daten deuten darauf hin, dass das Medikament bei bestimmten Patientinnen gar eine anti-tumorale Wirkung des Immunsystems stimuliert.
Die vorliegenden Forschungsresultate bergen gerade für Brustkrebspatientinnen neues Therapiepotential. So könnte es damit möglich werden, mit Hilfe einer einfachen Blutabnahme jene Patientinnen zu identifizieren, die anhand ihres Krankheitsbildes von einer entsprechend „massgeschneiderten“ Therapie profitieren könnten. Ausserdem ergeben sich dadurch neue Therapie-Kombinationen, bestehend beispielsweise aus den Medikamenten zur Verhinderung der Blutgefässbildung und jenen, die die Wirkung des Immunsystems gegen den Krebs stärken.