Soft Matter Physics19.10.2017

Blaues Schimmern zieht Bienen an


Forscher des Adolphe Merkle Instituts, der Universität Cambridge und des Royal Botanic Gardens in Kew haben nachgewiesen, dass zahlreiche Blumenarten einen blauen Schimmereffekt erzeugen, der den Bienen die Erkennung der Blumen erleichtert. Diese Farbe wird durch die Nanostruktur der Blumenblätter erzeugt, die Lichtpartikel im Blau- und Ultraviolettspektrum reflektiert.

Indem die Forscher künstliche Oberflächen anfertigten, die das Phänomen imitieren, konnten sie dessen Effekt mit Hummeln testen. Vor kurzem wurden ihre Resultate in der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature veröffentlicht. Sie beweisen, dass die Bienen den blauen Schimmereffekt erkennen können und ihn als Signal für das leichtere Finden der Blumen benutzen. Das blaue Schimmern unterscheidet sich von einer blauen Pigmentfarbe dadurch, dass sich deren Helligkeit mit dem Blickwinkel ändert. Bienen können diesen Effekt jeder Art von Hintergrund zuverlässig erkennen.

Das gleiche blaue Kleid für alle
All die durch die Forscher untersuchten Blütenpflanzen, darunter die Aufrechte Nachtkerze (Oenothera stricta), die Schöne Bärenkamille (Ursinia speciosa, eine afrikanische Margerite) und die Hibiscus trionum (Stundenblume), gehören zu der Gruppe der Bedecktsamer. Die Forscher schätzen, dass sich die Arten mit einem blauen Schimmereffekt vor 100 Millionen Jahren gleichzeitig zu entwickeln begannen wie die bestäubenden Insekten, insbesondere die Bienen.

Vorangegangene Forschungen hatten bereits nachgewiesen, dass zahlreiche Bienenarten eine Präferenz für Farben im Bereich blau-violett haben. Jedoch besitzen nicht alle Blumen eine blaue Pigmentierung. «Zahlreiche Blumen besitzen nicht die nötige chemische und biochemische Kapazität, um Pigmente zwischen blau und ultraviolett herzustellen.» erklärt Ullrich Steiner, Physikprofessor am AMI und Co-Autor der Studie. «Die Präsenz von ungeordneter photonischer Struktur auf dem Blumenblatt ermöglicht ihnen ein anderes Mittel zur Anziehung der Insekten.»

Eine strukturierte Unordnung
Auf der Oberfläche eines Blütenblatts ordnen sich die Erhöhungen und Vertiefungen etwa wie „trockene Spaghetti in einer Packung“ an. Durch die Analyse von verschiedenen Arten im elektronischen Mikroskop haben die Forscher jedoch grosse Variationen bezügliche Höhe, Breite und Abstand entdeckt. Sogar innerhalb jedes einzelnen Blütenblatts sind die auf Licht reagierenden Strukturen unregelmässig; ein Phänomen, das Physiker als Unordnung bezeichnen. Dennoch erzeugen alle untersuchten Blumen einen sehr ähnlichen Schimmereffekt.

Die Forscher schlossen daraus, dass sich diese Nanostrukturen innerhalb der verschiedenen Arten zwar unabhängig voneinander entwickelt haben, aber im Laufe einer sogenannten konvergenten Evolution das gleiche Resultat erreicht haben, was ihre Sichtbarkeit für die bestäubenden Insekten erhöht.  Um diese Theorie zu bestätigen, haben die Forscher künstliche Blumen mit Nanostrukturen hergestellt, die jenen der Blütenblätter entsprechen und ebenfalls blau schimmern. In einer kontrollierten Laborumgebung (einem Fluggelände für Hummeln)  wurden die Reaktionen von Hummeln auf künstliche Blumen getestet, von denen einige blau schimmern, andere nicht. Die Experimente bewiesen, dass die Bienen Oberflächen, die blau schimmern viel schneller erkennen können, auch wenn diese schwarz, gelb oder blau eingefärbt waren. Indem die Forscher der einen künstlichen Blumenart eine zuckerhaltige Lösung und der anderen Blumenart eine bittere Lösung hinzufügten, konnten sie ebenfalls zeigen, dass Bienen das blaue Schimmern mit einer Belohnung assoziieren können.

Die Forscher denken, dass mithilfe ihrer Entdeckung besser verstanden werden kann, wie die Pflanzen die Unordnung auf der Oberfläche des Blumenblatts kontrollieren. So könnten neue, sichtbarere Oberflächen für bestäubende Insekten entwickelt werden.