Schlafforschung19.09.2024

Warum schlafen wir an fremden Orten schlecht?


Wie kommt es, dass es uns in der ersten Nacht an einem fremden Ort oft schwerfällt, gut zu schlafen? Das Phänomen, in der ersten Nacht in unbekannter Umgebung unter Schlafstörungen zu leiden, nennt man den First-Night-Effect. In der zweiten Nacht schlafen wir üblicherweise besser. Unklar ist, ob diese Verbesserung auch dann eintritt, wenn mehrere Tage zwischen den schlaflosen Nächten in unbekannter Umgebung liegen. Forschende der Universität Freiburg untersuchen, ob die unbekannte Umgebung oder andere Faktoren diesen anfänglich unruhigen Schlaf verursachen.



Vielen Menschen fällt es schwer, in der ersten Nacht an einem fremden Ort gut zu schlafen – ein Phänomen, das First-Night-Effect (FNE) genannt wird. In dieser kürzlich in der Fachzeitschrift Sleep veröffentlichten Studie des Europäischen Forschungsrats (ERC) untersuchte ein Team um Prof. Björn Rasch von der Universität Freiburg, was passiert, wenn wir eine Woche später zum selben Ort zurückkehren.

Der First-Night-Effect dauert an
Die Forschung umfasste zwei separate Studien mit gesunden jungen Erwachsenen. In der ersten Studie schliefen 45 Teilnehmende insgesamt zwei Nächte im Schlaflabor der Universität Freiburg, mit einem einwöchigen Unterbruch nach der ersten Nacht. In der zweiten Studie schliefen 30 Teilnehmende auch wieder zwei Nächte im Schlaflabor mit dazwischenliegendem einwöchigem Unterbruch, zusätzlich aber schliefen sie zwei Nächte im eigenen Zuhause, auch hier wieder mit einer Woche Abstand zwischen den beiden überwachten Nächten. Die Forschenden verwendeten einen mobilen Elektroenzephalografen (EEG), um die Hirnaktivität aufzuzeichnen, und forderten die Teilnehmenden auf, jeden Morgen Fragebögen zum Schlaf auszufüllen.

Es stellte sich heraus, dass der FNE auch dann stattfindet, wenn die Nächte nicht aufeinanderfolgen. Anna Wick, Doktorandin am Departement für Psychologie, und Björn Rasch fanden heraus, dass die Teilnehmenden Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen hatten und allgemein in der ersten Nacht weniger schliefen – egal ob zu Hause oder im Labor. Eine Woche später verbesserte sich die Schlafqualität, aber der Schlaf war daheim meist besser als im Labor. 

Die Rolle des Tiefschlafs erforschen
Laut einer neuen Theorie schläft eine Hirnhälfte während der ersten Nacht weniger tief als die andere, um wachsamer gegenüber potenziellen Gefahren zu sein. In dieser Studie zeigte sich jedoch, dass asymmetrische Schlafmuster jede Nacht vorkamen und nicht nur während des FNE, und zwar unabhängig davon, wie bekannt oder unbekannt die Umgebung war. Das deutet darauf hin, dass eine unregelmässige Schlaftiefe eher mit individuellen Merkmalen zu tun hat als mit der Umgebung.

Situations- und umgebungsbedingte Anpassung des Schlafs
Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass sowohl die unbekannte Umgebung (wie ein neuer Raum, ein neues Bett oder ungewohnte Geräusche) als auch die Situation (wie an Messgeräte angeschlossen zu sein) die Schlafqualität beeinflussen können. Deswegen ist es ratsam, mehr als eine Nacht an einem neuen Ort zu verbringen. Anna Wick meint dazu: «Planen Sie auf Reisen am besten mehr als eine Nacht am selben Ort ein, oder kehren Sie zu Orten zurück, an denen Sie schon einmal geschlafen haben.»

In der ersten Studie schliefen 45 Teilnehmende zwei Nächte im Schlaflabor der Universität Freiburg, mit einer Woche Abstand dazwischen. In der zweiten Studie schliefen 30 Teilnehmende zwei Nächte im Schlaflabor und zwei Nächte im eigenen Zuhause, wobei auch hier jeweils eine Woche zwischen den Nächten lag.

Studie
Wick, A. Z., Combertaldi, S. L. und Rasch, B. (2024). The First-Night Effect of sleep occurs over non-consecutive nights in unfamiliar and familiar environments. Sleep, zsae179.