15.09.2010

Sich im Weltwirtschaftswissen positionieren


Ein Bericht über den Markt der Patente unter der Co-Leitung von Professor Thierry Madiès der Universität Freiburg weist auf die Wichtigkeit hin, sich auf eine europäische Evaluationsmethode zu einigen.

Die Wissensökonomie kennt heute sehr schnelle Wechsel. Seit dreissig Jahren findet ein exponentielles Wachstum von Patent-Handelstransaktionen statt: Die Lizenzverträge haben sich vervielfacht, intermediäre Marktplätze und Versteigerungsplattformen wurden entwickelt. Der Wissensverkehr repräsentiert eine Kernfrage, denn zahlreiche Studien zeigen, dass die Wachstumsrate eines Landes und seine Forschungs- und Entwicklungsrate positiv zusammenhängen.

Erste europäische Analyse

Der Bericht mit dem Titel «Les marchés de brevets dans l’économie de la connaissance» wurde von François Fillon, dem französischen Premierminister des „Conseil d’Analyse Economique (CAE)“ finanziert und am 28. Juli 2010 der Ministerin für Hochschulwesen und Forschung, Valérie Pécresse, präsentiert. Die offizielle Publikation ist für Ende September angekündigt. Die Autoren Dominique Guellec, Senior Ökonom bei „Organisation de Coopération et de Developpement Economique (OCDE)“, Jean-Claude Prager, Direktor der französischen „Agence pour la Diffusion de l’Information Technologique (ADIT)“ und Thierry Madiès, Ordentlicher Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg, analysieren die Aspekte der Patent-Märkte und heben die Grenzen ihrer Funktionsweise hervor. Die Autoren plädieren für eine positive und offensive Handhabung der Frage durch die Behörden, allerdings unter Berücksichtigung der Unsicherheiten und Risiken. Diese erste sorgfältige europäische Analyse führte zu einer Liste von zwölf Empfehlungen mit folgenden Schwerpunkten: Die juristische Qualität des geistigen Eigentums, die Schaffung von Staatsmitteln für Patente von europäischer Bedeutung, der Einsatz von VermittlerInnen in der Wissensökonomie, die Gewährleistung des Wissenszugangs für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie die Entwicklung eines Auktionsplatzes für Patente und Lizenzen. Die Autoren thematisieren ebenfalls die Entwicklung der Finanzerträge, die sich auf die Patente stützen.

Schutz und Bremse

Heute übernimmt ein Teil der Innovationen die Form von Patenten. Ein Werkzeug, welches primär die Erfindung schützen und dem Erfinder eine Monopol-Rente verleihen soll. Diese ermöglicht ihm zwar seine zukünftigen Forschungs- und Investitionsausgaben zu decken, hat aber zur Folge, dass künftige Erfinder daran gehindert werden, das Gesamte oder Teile des patentierten Wissens zu verwenden. Daher braucht es ein Gleichgewicht zwischen Protektionssystem und Innovationsbarriere.

Ein experimenteller Markt

Die Autoren empfehlen die Schaffung eines experimentellen Marktes. Sie haben die Funktionstauglichkeit von zahlreichen Märkten untersucht, mit einem besonderen Augenmerk auf nicht standardisierte Produkte wie beispielsweise Wein oder Kunst, um daraus Evolutionsanforderungen abzuleiten. Ausgehend von ihren Beobachtungen, empfehlen sie die Bereitstellung eines experimentellen Marktes. „Es handelt sich dabei um eine Art „Patent-Börse“, die auf die Verwendung von Lizenzrechten für Patente zielt und kontinuierlich im Internet läuft. Dabei können auf Termin mit einem Auktionator konventionelle Gebote gemacht werden“, erläutern die Autoren. Um den Wissenstransfer zwischen den Universitäten und der Industrie zu optimieren, ohne dass die Forschenden von ihrem Forschungsprodukt enteignet werden, ist es notwendig, dass der Markt sich auf ein System von Lizenzrechten stützt. Auf diese Weise verlieren die Erfinder, handelt es sich dabei um Forschende, Laboratorien oder universitäre Institutionen, nicht das Eigentum ihrer Entdeckung und können daraus eine Finanzierungsquelle für zukünftige Forschungsprojekte gewinnen.

Den Patentwert schätzen

Doch wie lässt sich der Patentwert schätzen, bevor man die Verwendung des Patents kennt? Die Einführung eines Evaluationswerkzeugs ist von grosser Wichtigkeit, denn ohne Preis gibt es keinen Markt. Kann man sich nicht auf einen Evaluationsstandard beziehen, fehlt die Transparenz, die beispielsweise den Zugang der KMU zu diesem Austausch-Typus verunmöglicht.

Die Autoren unterstreichen die Notwendigkeit, sich so rasch wie möglich auf eine von den europäischen Akteuren akzeptierte Methode zu einigen, um sich nicht einer von der anderen Seite des Atlantiks importierten Methode aufzwingen zu müssen. Ökonometrische Arbeiten der Autoren sind im Gange. Diese Angelegenheit wird immer bedeutender, denn Patente betreffen auch viele andere Gebiete als nur die Innovation. Sie können beispielsweise als Garantie für Kredite, als unvermeidliches Element einer Unternehmensstrategie dienen oder bedeutende Probleme bezüglich Konkurrenzpolitik, der Wirtschaft und der Öffentlichkeitsforschung lösen.

Der Einsatz dieser Entwicklungen führt zu einem vereinfachten Kreislauf der Technologien und stellt eine Gewinnquelle der Produktivität in der allgemeinen Wirtschaft und wesentlich im Erfindungsbereich dar. Eine geeignete Art und Weise zu finden, sich in diesem Markt einzufügen, wird eine unerlässliche Voraussetzung für einen optimalen Zugang zum Weltwissen.

Kontakt: Prof. Thierry Madiès, Departement für Wirtschaftspolitik, 026 300 82 20, thierry.madies@unifr.ch

Quelle: Dienst für Kommunikation und Medien, 026 300 70 34, communication@unifr.ch

Bericht, Zusammenfassung und vollständige Empfehlungsliste: www.cae.gouv.fr/spip.php?breve19