04.07.2011
Neue Diagnosemöglichkeit für Brustkrebs
durch Blutentnahme
Das dritte Studienjahr in Medizin trägt erste Früchte: Unter der Leitung von Professor Curzio Rüegg publizierte ein Forschungsteam soeben Resultate, die neue Wege in der Krebserkennung und Therapie aufzeigen. Die Entdeckung einer Auffälligkeit im Bereich der weissen Blutkörperchen sollte künftig eine Erstdiagnose mittels einer Blutentnahme ermöglichen und längerfristig zur Hemmung der Metastasenbildung führen.
Ein Krebstumor braucht viel Energie. Um zu wachsen und sich ausbreiten zu können, muss er über mehr Nahrung und Sauerstoff verfügen, als gesundes Gewebe. Dabei spielen Entzündungsreaktionen und die Gefässneubildung, ein Prozess, der den Zellen Nahrung und Sauerstoff liefert, eine entscheidende Rolle. „Wir können heute beweisen, dass zwischen den beiden Vorgängen ein Zusammenhang besteht“, erklärt Curzio Rüegg, Professor am neuen, im Rahmen des dritten Studienjahres für Medizin gegründeten Lehrstuhl für Pathologie der Universität Freiburg, zur vorliegenden Studie, die in Zusammenarbeit mit Medizinern des CHUV in Lausanne durchgeführt wurde.
Nahrung für den Krebs
Seinen Zuschlag an Nahrung und Sauerstoff sichert sich der Tumor durch die Bildung neuer Blutgefässe. Der dazu nötige Prozess ist äusserst komplex und wird vom Tumor selber eingeleitet: Der Krebs befehlt dazu eine grosse Anzahl Leukozyten zu sich – die weissen Blutkörperchen, die sich normalerweise um Entzündungsherde scharen, beispielsweise im Falle eines Ekzems oder bei Arthritis. Diese weissen Blutkörperchen sind nämlich in der Lage, die Produktion neuer Blutgefässe einzuleiten (Angiogenese). In diesem Sinne „missbraucht“ der Tumor die körpereigene Armee, die normalerweise Infektionen bekämpft oder auch den Prozess der Wundheilung unterstützt. Genau dort liegt denn auch der Schlüssel zum Durchbruch in der vorliegenden Studie, wie Professor Rüegg erklärt: „Es war bereits bekannt, dass die Monozyten, d.h. die grösseren der weissen Blutkörperchen, „vor Ort“ die Anweisung zur Bildung neuer Blutgefässe in der Umgebung des Tumors erhielten. Uns ist es nun gelungen, diesem Puzzle ein neues Teilchen hinzuzufügen: Der Tumor produziert einen bestimmten Faktor (Placenta Growth Factor, PLGF), der in die Blutbahn gerät und die Monozyten dazu anregt, das Knochenmark zu verlassen und in der Umgebung des Tumors neue Blutkörperchen zu bilden. Wir konnten damit beweisen, dass die Krebszellen den Monozyten bereits „aus der Ferne“ den Impuls zur Angiogenese geben“. Die Resultate aus den Forschungslabors konnten, in Zusammenarbeit mit Medizinern des CHUV in Lausanne, an Brustkrebspatienten bestätigt werden. So hat sich gezeigt, dass die Patienten einen erhöhten PLGF-Wert aufweisen und dass deren weisse Blutkörperchen angiogenetische Eigenschaften besitzen.
Schematische Darstellung der Forschung: Der Tumor produziert PLGF und befiehlt dem Knochenmark, weisse Blutkörperchen (Monozyten) herzustellen und damit die Angiogenese im Umfeld des Tumors einzuleiten, was wiederum zum Wachstum des Tumors führt.
Auf Diät gesetzt
Die erste Anwendung des vorliegenden Forschungsresultats ist die Möglichkeit, eine schnelle und zuverlässige Brustkrebsdiagnose mittels einer einfachen Blutentnahme zu stellen. Werden im Blut weisse Blutkörperchen nachgewiesen, die „umprogrammiert“ sind, .d.h. die Mission zur Bildung neuer Blutgefässe in sich tragen, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sich im Organismus ein Tumor befindet. Eine weitere mögliche Anwendung der neuen Erkenntnisse liegt in der post-chirurgischen Krebstherapie: Kommt es nach der chirurgischen Entfernung eines Tumors zu einem erneuten Wachstum, könnte das Entfernen der angiogenetischen Monozyten die Bildung weiterer Metastasen stoppen und damit auch einer Vergrösserung des Tumors entgegenwirken, da dieser sozusagen auf Nulldiät gesetzt wird.
Link zum Artikel: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21507936
Kontakt: Prof. Curzio Rüegg, Departement für Medizin, 026 300 87 66, curzio.ruegg@unifr.ch