10.05.2012
Eine primitive Gehirnregion löst das Lachen aus
Welche zerebralen Mechanismen sind am Lachen beteiligt? Eine Forschungsgruppe der Anatomie an der Universität Freiburg hat gezeigt, dass das Lachen von primitiven Teilen des Gehirnes ausgelöst wird. Die Resultate implizieren, dass auch andere Lebewesen "lachen" können.
Der französische Gelehrte Duchenne de Boulogne hat die Mimik der Emotionen durch gezielte elektrische Stimulierung der Gesichtsmuskeln nachstellen können (Aus: Mécanisme de la physionomie humaine. J. Renaud, Paris, 1862)
Kitzeln kann bei Säuglingen bereits um den sechsten Lebensmonat einen freudigen Affekt mit Lachen auslösen. Zu diesem Entwicklungszeitpunkt ist die Gehirnrinde noch nicht vollständig ausgereift; einzig primitive, unterhalb der Gehirnrinde gelegene Gebiete beteiligen sich an dieser Form des Lachens. Mit fortschreitender Entwicklung des Gehirnes wird später auch in komischen Situationen oder beim Hören eines Witzes gelacht. Doch sind in beiden Fällen die gleichen neuronalen Schaltkreise beteiligt? Dieser Frage ist Dr. Elise Wattendorf in der Arbeitsgruppe von Prof. Marco Celio (Anatomie) nachgegangen, indem sie gesunde Probanden mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) untersucht hat. Diese Methode ermöglicht es, aktivierte Gehirnregionen abzubilden. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die beteiligten Schaltkreise grösstenteils übereinstimmen. Allerdings aktiviert Humor-induziertes Lachen zusätzlich auch noch ein präfrontales Hirnareal. Dieser Teil des Gehirns ist an der Erkennung der - nach Kant für Witze typischen - "Inkongruenz" beteiligt.
Lateraler Hypothalamus drückt die Emotion aus
Sowohl Kitzeln als auch Humor aktivieren den lateralen Hypothalamus, einen entwicklungsgeschichtlich primitiven Hirnbereich. Hier liegt vermutlich das Gebiet, das für das Auslösen des Lachens und demnach für die Äusserung der freudigen Emotion zuständig ist. Von hier aus wird die Erregung dem zentralen Höhlengrau im Mittelhirn übermittelt, das die Aktivierung der mimischen Muskulatur, der Stimmbänder und der Atmung koordiniert. Weitere Studien der gleichen Forschungsgruppe weisen auf Ähnlichkeiten dieses Schaltkreises mit dem von anderen Säugetieren hin, was im Einklang mit der Beschreibung von „lachenden“ Primaten durch Darwin, Goodall und Fossey steht. Können sogar kleine Säugetiere wie Ratten und Mäuse "lachen"? Wenn sie gekitzelt werden, produzieren Nagetiere eine bestimmte Art von Ultraschall-Vokalisationen, welche als positive Emotionen aufgefasst werden.
Die lapidare Aussage von Aristoteles, nach der das Lachen dem Menschen eigen sei, gerät somit langsam aber sicher ins Wanken.
Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im wissenschaftlichen Magazin Cerebral Cortex erschienen.
Link zum Artikel:
http://doc.rero.ch/search.py?p=990__a:20120418120822-YG
Kontakt: Prof. Dr. med. Marco R. Celio, Departement für Medizin, Anatomie und Programm in Neurowissenschaften, marco.celio@unifr.ch