29.10.2012

Positive Erwartungen bringen Glück in die Beziehung


«Was erwartet mich heute Abend?» Diese Frage gehört zum Alltag von Menschen, die in einer Paarbeziehung leben. In einer Studie zeigt Dominik Schöbi, Prof. am Departement für Psychologie der Universität Freiburg, wie sich die Erwartungen der Partner auf die Interaktionen in der Beziehung auswirken. Und dass es zum Glück etwas Optimismus braucht.


Foto: Thinkstock

Es gehört zum Alltag aller Paare: Man trennt sich für ein paar Stunden, geht zur Arbeit, frönt einem Hobby oder trifft Freunde. Alles ganz normal. Trotzdem bringen diese regelmässigen Trennungen jedesmal auch die Ungewissheit mit sich, wie die anschliessende Interaktion, der Austausch in der Paarbeziehung, wohl verlaufen wird. Lohnt es sich, dem Wiedersehen optimistisch entgegenzusehen? Oder ist es besser pessimistisch zu sein, damit die Erwartungen nicht enttäuscht werden? Und wie verläuft die Interaktion, wenn der Partner oder die Partnerin vielleicht gereizt ist?

Think pink


Mit der Frage, wie sich Erwartung und Interaktion in einer Paarbeziehung zueinander verhalten, beschäftigte sich eine Studie unter der Leitung von Prof. Dominik Schöbi am Departement für Psychologie der Universität Freiburg, in Zusammenarbeit mit Prof. em. Meinrad Perrez, ebenfalls von der Universität Freiburg, und mit Prof. Thomas N. Bradbury von der University of California in Los Angeles. Die Wissenschaftler kommen zum Schluss, dass die positive Kraft des Optimismus die Interaktion in der Paarbeziehung massgeblich beeinflusst. Je optimistischer man ist und je stärker man sich auf das Zusammentreffen mit der Partnerin oder dem Partner freut, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Interaktion positiv verlaufen wird, selbst dann, wenn beim Partner viele negative Gefühle im Spiel sind. Weiter fanden die Psychologen heraus, dass es nicht zwingend zu Konflikten und Spannungen kommen muss, wenn die optimistische Erwartung enttäuscht wird.

Gesteigerte Empfindlichkeit dämpft Glücksgefühl


Optimismus im Beziehungsalltag kommt erstaunlicherweise auch bei Personen vor, die besonders zurückweisungssensitiv sind, bei Personen also die dazu tendieren, ein unerwartetes Verhalten einer anderen Person negativ zu interpretieren und als Ablehnung ihrer eigenen Person zu empfinden. Die Studie zeigt aber auch mit grosser Deutlichkeit, dass solche Personen die positive Interaktion ebenfalls gerne falsch deuten. «Wenn die Partnerin oder der Partner fröhlich ist, wie erhofft, dann ist dies aus Sicht der zurückweisungssensitiven Person, weil der Partner oder die Partnerin ausserhalb der Beziehung Glück erfahren hat, etwa weil er oder sie sich mit Freunden getroffen hat oder die Arbeit befriedigend war.» Zurückweisungssensitive Personen beziehen somit die positive Interaktion nicht auf sich selbst und können sich deshalb nicht darüber freuen. «Das Quäntchen Glück, das der Optimismus in eine Beziehung hineinbringt, erfahren diese Personen nicht», so Dominik Schöbi.

103 Paare befragt


Für die Untersuchung wurden 103 Paare zu ihren allabendlichen Erwartungen und Interaktionen befragt. Während zehn Arbeitstagen führten beide Partner vier Mal täglich und unabhängig voneinander Protokoll über ihre Erwartungen und den Verlauf der Interaktion. Alle Paare hatten mindestens ein Kind unter acht Jahren. Beide Partner gingen einer Erwerbstätigkeit nach und waren im Durchschnitt Mitte bis Ende dreissig. Die Studie wurde diesen Herbst im Journal of Family Psychology vorgestellt.

Studie: Dominik Schoebi, Meinrad Perrez & Thomas N. Bradbury: Expectancy Effects on Marital Interaction: Rejection Sensitivity as a Critical Moderator (2012). Journal of Family Psychology.

Link zur Studie: http://psycnet.apa.org/psycinfo/2012-20872-001/

Kontakt: Prof. Dominik Schöbi, Departement für Psychologie, 026 300 74 70, dominik.schoebi@unifr.ch