ForschungPublikationsdatum 12.04.2024
Gibt es bald leichter abbaubare Kunststoffe?
Forschende des Adolphe Merkle Instituts haben in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Darmstadt eine neue Art von Kunststoffen entwickelt, die leichter abbaubar sind als die sonst üblichen. In Kombination mit einer alkalischen Lösung hilft ein mechanisches Verfahren wie das Zerkleinern, die Kunststoffmoleküle chemisch abzubauen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern.
Nach UNO-Angaben werden jährlich rund 430 Millionen Tonnen Plastik produziert. Bei unsachgemässer Entsorgung können diese Materialien schädlich für die Umwelt sein und Probleme für Pflanzen, Tiere und die menschliche Gesundheit mit sich bringen. Daher erscheint es dringend notwendig, Kunststoffe zu entwickeln, welche die Umwelt weniger belasten. Genau dieses Ziel hat sich eine internationale Forschungsgruppe gesetzt, zu der auch vier Forschende des Adolphe Merkle Instituts der Universität Freiburg gehören.
Der grösste Vorteil von Plastik ist zugleich der grösste Nachteil
Kunststoffe bestehen aus langen Molekülketten, den sogenannten Polymer Molekülen. Diese Ketten haben in vielen Fällen eine chemisch sehr stabile Struktur und sind daher widerstandsfähig gegenüber natürlichen Zersetzungsprozessen. Dies erklärt, warum sich in der Natur immer mehr Plastik ansammelt. Um Abhilfe zu schaffen, hat eine Forschungsgruppe des Adolphe Merkle Instituts in Zusammenarbeit mit Forschenden der Technischen Universität Darmstadt und der University of Strathclyde neue chemische Strukturen entwickelt, die es leichter machen, chemische Bindungen in Polymermolekülen zu knacken.
Einfachere Entsorgung
Hierzu setzten die Forschenden ein modifiziertes Cyclobuten ein. Das neue Molekül aus der Familie der Kohlenwasserstoffe lässt sich leicht in verschiedenste Kunststoffe integrieren. «Wird das neue Molekül in Polymere eingebaut, sorgt es dafür, dass Letztere unter dem Einfluss mechanischer Kräfte und einer alkalischen Lösung in kleinere Moleküle zerfallen», erklärt Peng Liu, Erstautor der weitgehend am Adolphe Merkle Institut durchgeführten Arbeit. Genau dieser Eigenschaft ist es zu verdanken, dass die in der Arbeit hergestellten und untersuchten Kunststoffe chemisch leichter abgebaut werden können, was wiederum zur Reduktion der Umweltbelastung beiträgt.
Abbau auf Abruf
Eine grosse Herausforderung bei der Entwicklung abbaubarer Polymere liegt darin, dass diese sich nicht frühzeitig, also während ihrer Nutzung, zersetzen dürfen. «Dieses Problem konnten wir mithilfe des neu entwickelten Cyclobuten-Bausteins lösen», so Christoph Weder, Professor am Adolphe Merkle Institut. «Dieses Motiv wird erst unter spezifischen Umgebungsbedingungen aktiviert, in denen mechanische Kräfte und alkalische Bedingungen, wie sie beispielsweise im Meer zu finden sind, zusammenwirken. Wir gehen davon aus, dass Kunststoffe, in die unsere chemische Verbindung eingebaut wird, auf diese Art leichter zersetzt und entsorgt werden können.»
Mechanically triggered on-demand degradation of polymers synthesized by radical polymerizations , Nature Chemistry