Medizin17.02.2017
Freiburg, Zentrum für Antibiotikaresistenz
Unter der Schirmherrschaft des Bundesamts für Gesundheit wurde kürzlich an der Universität Freiburg ein schweizerisches Expertenzentrum für den Kampf gegen neue Antibiotikaresistenzen eröffnet.
Seit Anfang 2017 beherbergt die Universität Freiburg das Nationale Referenzlaboratorium zur Früherkennung neuer Antibiotikaresistenzen und Resistenzmechanismen (NARA). Es handelt sich dabei um das erste schweizerische medizinische Referenzlabor im Kanton Freiburg. Es wurde als Reaktion auf ein Problem im Gesundheitswesen gegründet und gehört zu einer nationalen Strategie, die für die Lösung dieses Problems entwickelt wurde.
Die Leitung des NARA wurde Patrice Nordmann übertragen, der als Professor für medizinische und molekulare Mikrobiologie am Departement für Medizin der Universität Freiburg seit Langem resistente Bakterien untersucht und in seinen Aktivitätsbereichen auf zahlreiche Auszeichnungen verweisen kann, darunter die der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases 2013, die der American Society for Microbiology 2015 und der Louis-Pasteur-Preis der Pariser Académie des Sciences 2012.
Ein Problem für das Gesundheitswesen
Die Anzahl der antibiotikaresistenten Bakterien nimmt weltweit stark zu. Am stärksten gilt dies für die Entwicklungsländer, es sind aber auch Länder wie Griechenland, Italien und die Vereinigten Staaten betroffen, wo multiresistente Bakterien entdeckt wurden. Die Schweiz profitiert weiterhin von einer allgemein besseren epidemiologischen Situation, aber insbesondere aufgrund der Einschleppung internationaler Bakterienstämme kann auch sie sich der weltweit zunehmenden Multiresistenz nicht entziehen.
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat am 18. November 2015 die Nationale Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) verabschiedet, mit deren Umsetzung Anfang 2016 begonnen wurde. In diesem Zusammenhang wurde das NARA im Dezember 2016 der Einheit für medizinische und molekulare Mikrobiologie des Departements für Medizin der Universität Freiburg zugeordnet. Zu dieser Einheit zählt auch die einzige im Ausland tätige Forschungseinheit des französischen nationalen Instituts für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM, Paris), sodass eine optimale Synergie zwischen mehreren an Pariser Universitätskliniken tätigen Forschungsgruppen aus den Bereichen Mikrobiologie und Infektionskrankheiten gewährleistet ist. Diese Forschungsaktivität schlägt sich auch in den zahlreichen internationalen Veröffentlichungen der Freiburger mikrobiologischen Einheit nieder.
Erkennungsschnelltests
Die Hauptaufgabe des NARA ist es, neue Formen der Antibiotikaresistenz in der Schweiz frühzeitig zu erkennen und so Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit erzielen zu können. Das NARA kann gegebenenfalls eine optimale Behandlung mit Antibiotika vorschlagen und Ärzte medizinisch beraten, die infizierte Patienten in der Schweiz behandeln. Weiterhin kann es einen Beitrag zum Umgang mit Epidemien in der Schweiz leisten, an denen multiresistente Bakterien beteiligt sind.
Auch hat es sich das NARA zum Ziel gesetzt, neue schnelle Diagnosetests zu entwickeln. Hierfür werden heute neue Ansätze benötigt, bei denen auf die schnelle Entwicklung von Bakterienkulturen, Biochemie, Immunologie und Molekularbiologie zurückgegriffen werden muss. Dabei wird angestrebt, innerhalb von zwei Stunden nach Eingang der infizierten Probe Ergebnisse zu erhalten. Solche Schnelltests werden an der Universität Freiburg entwickelt und danach an zahlreichen europäischen und nordamerikanischen Krankenhäusern validiert.
Technologiebeobachtung
Eine weitere Aufgabe des NARA wird die Bewertung neuer Diagnosetechniken sein, die an Universitäten oder Unternehmen in der Schweiz oder im Ausland entwickelt wurden, womit allen Schweizer Laboren eine optimale Auswahl der modernsten Diagnosetechniken ermöglicht werden soll. Ferner soll das NARA neue Antibiotikabehandlungen bewerten.
Das NARA arbeitet auch mit Tierkliniken (Vetsuisse) und Spitälern in der Schweiz (insbesondere mit dem CHUV, dem Freiburger Spitalnetzwerk, dem Neuenburger Spitalnetzwerk und mit Privatlaboren) sowie mit dem Schweizerischen Zentrum für Antibiotikaresistenzen (ANRESIS) zusammen.
Neben dem auf Mikrobiologie und Infektionskrankheiten spezialisierten Professor Patrice Nordmann zählen Dr. Dominique Blanc (CHUV) und Dr. Laurent Poirel (Einheit für Mikrobiologie der Universität Freiburg) zu den wissenschaftlichen Mitarbeitern des NARA. Blanc ist in den Bereichen mikrobielle Epidemiologie und Prävention von Krankenhausinfektionen tätig, Poirels Kompetenzbereiche sind an der Schnittstelle zwischen den beim Menschen und beim Tier beobachteten neuen Resistenzen angesiedelt. Um den Einfluss der Schweizer Medizin und die medizinische Ausbildung zu fördern, nimmt das Labor Praktikantinnen und Praktikanten aus der Schweiz und dem Ausland auf (aus den Bereichen Medizin, Pharmazie, Biologie sowie weiteren wissenschaftlichen Gebieten).
Am 14. und 15. September 2017 wird die Universität Freiburg unter der Schirmherrschaft der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases ein internationales Symposium über neue Resistenzen ausrichten.