04.04.2007

Freiburger Chemiker bestimmen rechts- und linkshändige Moleküle


Freiburg, 04. April 2007. Rechtshändige und linkshändige Limonen-Moleküle riechen unterschiedlich. Das Phänomen der Links- und Rechtshändigkeit ist unter dem Namen Chiralität bekannt und in der molekularen Chemie von herausragender Bedeutung, beispielsweise im Bereich der Pharmazeutika und der Geruchsstoffe. Für eine effiziente Bestimmung der Händigkeit von Molekülen haben Freiburger Forscher ein neuartiges Spektrometer entwickelt und seine Leistungsfähigkeit an einem einzigartigen Molekül demonstriert, welches eigens zu diesem Zweck synthetisiert wurde.

Den Freiburger Forschern unter Leitung von Professor Werner Hug ist es gelungen, die zur Bestimmung der Händigkeit eines Moleküls erforderliche Zeit in vielen Fällen entscheidend zu reduzieren. Unter günstigen Voraussetzungen können so drei Jahre Forschungsarbeit durch eine einzige spektroskopische Messung und zwei bis drei Wochen Rechenzeit ersetzt werden. Lasertechnologie und Optoelektronik waren Voraussetzungen für die Entwicklung und Konstruktion des Instruments, dessen Leistungsfähigkeit durch die Messung von chiral deuteriertem Neopentan eindrücklich demonstriert werden konnte. Dieses Molkül ist eine neue Schlüsselverbindung der chiralen Chemie. Die schwierige Synthese wurde in der Arbeitsgruppe von Professor Christian Bochet an der Universität Freiburg durchgeführt. Die Arbeiten haben ihren Niederschlag in einer gemeinsamen Publikation in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Nature" gefunden.

Was heisst „Chiralität"?

Wenn ein Linkshänder sich in einem Spiegel betrachtet, sieht er das Bild eines Rechtshänders. Genau gleich verhält es sich mit dem Bild eines Handschuhs. Für ein achirales Objekt wie eine Kaffekanne ist dies jedoch nicht der Fall. So kann man alle Objekte unserer Umgebung in zwei Kategorien unterteilen: eine, für welche Bild und Spiegelbild identisch sind und eine, für die das nicht zutrifft. Letztere Objekte nennt man chiral nach dem griechischen Wort Kheir, was „Hand" bedeutet. Diese Unterscheidung lässt sich auch für Moleküle machen. Von besonderem Interesse dabei ist, dass fast alle Moleküle der belebten Natur, wie diese selbst auch, chiral sind. Aminosäuren, Zucker, Nukleinsäuren sind einige der wichtigsten Beispiele. Die Bestimmung der Händigkeit neu entdeckter oder synthetisierter Moleküle ist von grossem praktischem Interesse.

Zitrone oder Orange?

Die biologischen Eigenschaften rechts- und linkshändiger Moleküle sind oft recht verschieden. Das Limonen-Molekül entfaltet in seiner rechtshändigen Form den Geruch der Zitrone, in der linkshändigen Form dagegen denjenigen der Orange. In der Parfümindustrie hat man deshalb grösstes Interesse, die zwei Formen unterscheiden, bestimmen und für neue Geruchsmischungen gezielt synthetisieren zu können. In der pharmazeutischen Industrie kann dies noch wichtiger sein. Ein tragisches Beispiel, bei dem die nötige Sorgfalt gefehlt hat, ist Thalidomid - ein Molekül, das in den siebziger Jahren schwangeren Frauen als Mittel gegen Morgenübelkeit verschrieben wurde. Eine der beiden Formen hatte sich als ungefährlich herausgestellt, während die andere zu schwerwiegenden Deformationen des Fötus führte. Dieses Beispiel demonstriert die grosse praktische Bedeutung der sicheren Bestimmung der absoluten Konfiguration, also der Händigkeit von Molekülen, in der organischen und biologischen Chemie.

Das durch die Arbeitsgruppe von Professur Werner Hug entwickelte Spektrometer, das auch subtilste Manifestationen der Chiralität detektieren kann, stellt einen wichtigen Fortschritt auf diesem Gebiet dar. Die Bestätigung der absoluten Konfiguration des in der Arbeitsgruppe von Professor Christian Bochet synthetisierten chiralen (R)-Neopentans, die auf keinem anderen chemischen oder spektroskopischen Weg möglich gewesen wäre, illustriert dies in vorzüglicher Weise. Die Resultate sind gleichzeitig auch ein Beispiel einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen organischen und physikalischen Chemikern.

Kontakt: Prof. Werner Hug, Departement für Chemie (physikalische Chemie), Tel. +41 26 300 87 13, E-Mail: werner.hug@unifr.ch

Prof. Christian Bochet, Departement für Chemie (organische Chemie), Tel. +41 26 300 87 58, E-mail: christian.bochet@unifr.ch

Quelle: Dienst für Kommunikation und Marketing, Tel. +41 26 300 70 34, E-Mail: marcom@unifr.ch

Legende:

Image 1 : Un spectromètre optique capable de déceler les chiralités les plus infimes
Image 2 : Le Prof. Christian Bochet (à gauche) et le Prof. Werner Hug devant le spectromètre optique
Image 3 : de gauche à droite: Prof. Christian Bochet, Prof. Werner Hug, Dr Jacques Haesler, Dr Emmanuel Riguer et Yvan Schindelholz
Illustration 4 : Tout comme les objets du monde qui nous entoure, les molécules peuvent avoir une forme gauche ou droite. Le problème est de déterminer qui est quoi !